einfach gut gefallen“, grinst sie. Entschei-
dend hat sie auch auf die technische Aus-
stattung Einfluss genommen, vor allem
auf die Abhörmonitore „The Savoy“ von
Eggleston, aktive 245-Kilogramm-Mons-
terboxen zum Paarpreis von 50.000 Dollar,
die über Kimber-Kabel von Krell Evolu-
tion 400e-Monoblöcken angetrieben wer-
den - das Beste vom Besten ist gerade gut
genug, zumal die Akustik im Raum perfekt
abgestimmt wurde. Ehemann Prent stand
hinter der Entscheidung: „Dadurch ver-
meiden wir elektronische Frequenzkor-
rekturen im Raum, die zu Phasen-/und
Timingproblemen führen können.“
A ud iophile V orlieben
Obgleich Prent nicht zuletzt für Produktio-
nen mit harten Sounds bekannt geworden
ist - man denke nur an die ersten beiden
Rammstein-Alben, auf die er maßgeb-
lichen Einfluss hatte -, entpuppt er sich
beim Studiorundgang mehr und mehr als
Audiophiler, Beispiel Kabel. Normaler-
weise wird dieses Thema in Studios eher
stiefmütterlich behandelt, was nicht zuletzt
an den Preisen liegt, die sich aus der schie-
ren Länge ergeben. So waren in den Wis-
seloord Studios insgesamt 55 Kilometer
zu verlegen! Eine Größenordnung, bei
der High End-Produkte aus Kostengrün-
den nicht in Frage kommen. Aber Ronald
Prent war das Thema wichtig: „Wenn du
ein Stereosignal nimmst und das Mono auf
zwei Lautsprecher schaltest, bekommt du
die so genannte Phantommitte. Je besser
und schneller ein Kabel die Frequenzen
bzw. Moleküle transportiert, desto präziser
wird die Fokussierung. Bei einem Produkt
der Firma Grimm war die haarscharf. Ich
hab’ dann gefragt, ob die mir auf gleicher
Grundlage ein Kabel für ein Zehntel des
Preises bauen können, und tatsächlich
haben sie eine Version erstellt, die gegen-
über der High End-Version nur drei Pro-
zent Verlust hat. Im High End-Bereich ist
es ja so, dass vor allem die letzten Prozente
ins Geld gehen. Und auch mit unserer Ver-
sion hatte ich das Gefühl, als ob ich neue
Lautsprecher gekauft hätte.“
Der einzige Weg in der Musikbranche
zu überleben, sei Effizienz: „Es kommen
immer mehr Bands, die statt wie früher
vier Wochen nur noch fünf Tage bleiben,
an denen sie dann aber von zehn Uhr mor-
gens bis 22 Uhr hochproduktiv arbeiten.
Eine unserer Stärken ist, dass wir so flexibel
sind, uns ihren Bedürfnissen anzupassen.“
So gibt es sogar ein Studio für Songwriting
A k u s t i s c h e U m b a u t e n
E s war ein Mammut-Unternehmen", er-
innert sich Jochen Veith. Bei der Reno-
vierung der Wisseloord Studios mussten
1285 Tonnen Material bewegt, 1200 Qua-
dratmeter Stoff gespannt und 55 Kilometer
Audiokabel verlegt werden. Als Hauptpro-
blem erwies sich, dass sich die Schalldäm-
mung zwischen den Aufnahmeräumen so
verschlechtert hatte, dass sie heutigen - im
Vergleich zu früher gehobenen - Standards
nicht mehr genügte: „Natürlich ist es w irt-
schaftlich eine Katastrophe, wenn man Stu-
dios nicht parallel benutzen darf. Aber bei
schlechter Schalldämmung geht es natür-
lich nicht, dass in einem Studio ein Orches-
ter aufnimmt, in dem anderen eine Heavy
Metal-Band". Da nach der Besichtigung und
dem Studium alter Pläne die Ursache nicht
gefunden werden konnte, begann er mit
Messungen und entdeckte schließlich, dass
der Schall von der Bodenplatte der einen
Halle über das Erdreich in die Bodenplatte
der zweiten Halle übertragen wurde.
Da Holland auf feinem Sand gebaut ist,
kann eine über die Jahre zunehmende Ver-
dichtung durch Regen der Grund für die Ver-
schlechterung sein. Die Lösung war aufwän-
dig, nicht zuletzt, weil es sich bei Tonstudios
um
„Raum-im-Raum-Konstruktionen"
han-
delt, vergleichbar mit Fensterscheiben, bei
denen durch Doppelverglasung mit
dazwischenliegender
Luftschicht
eine bessere Dämmung erreicht
wird: „W ir mussten den inneren
Teil des Raumes anheben, den Bo-
denaufbau rausnehmen, tiefer gra-
ben, neue Bodenplatten legen und
schließlich
das
Ganze elastisch
auf ein neues Fundament setzen,
einen speziellen, schwimmenden
Estrich." Und das war nicht die
einzige Aufgabe: Aufgrund stren-
gerer
Brandschutzbestimmungen
wurde innen und außerhalb des
Gebäudes
die
Stromverkabelung
komplett erneuert, zudem war die
Zur Renovierung musste man den inneren Teil
des Raumes anheben
Klimatechnik rund 35 Jahre nach dem Einbau
hinüber, und alte Materialien in den Kanälen,
die man heute nicht mehr verwenden darf,
mussten entfernt werden: „Pro Regieraum
haben Mischpulte und anderes Equipment ei-
ne Wärmelast von 13 Kilowatt, was etwa 130
im Raum stehenden Menschen entspricht. Es
ist sehr heikel, diese Wärme zugfrei und oh-
ne Strömungsgeräusche wegzubekommen."
Als weiteren Punkt achtete Veith darauf, die
PMC-Lautsprecher perfekt auf die Akustik in
den Regieräumen abzustimmen. Dabei war
neben der Entkopplung vor allem die richtige
Positionierung ein Thema: „Wohin zielen die
in welchem Winkel? In Simulationen hatten
wir vorher festgestellt, dass es geometrisch
ungünstig gewesen wäre, wenn sich die
Glasscheiben vorne befunden hätten. Also
drehten wir die Regieräume um 90 Grad und
bauten sie komplett neu".
Vor dem Legen neuer Bodenplatten wurde tief ins Erdreich
gegraben
und Vintage-Recording (Studio 4), wo
man Schätzchen, wie zum Beispiel ein altes
Mischpult aus der Beatles-Ära, findet. „Wir
haben hier alles vom Feinsten, aber eben
auch festangestellte Tonassistenten, die das
warten und bedienen können und spüren,
was die Musiker suchen. Das ist viel bes-
ser, als die Preise runterzuschrauben, aber
dafür schlechte Arbeit abzuliefern. Wir
setzen alles auf Qualität.“
Und dies in einer freundlichen Atmo-
sphäre: Schon der Auffiau der Wisseloord
Studios, in denen sämtliche Räume im
Gebäude durch eine Art Straße miteinan-
der verbunden sind, fördert die Kommu-
nikation: „Ich hab’ an einem Wochenende
16 Stunden lang gemischt. war todmüde
und hatte irgendwann keinen Bock mehr.
Dann lief ich in Studio 1 rein, wo gerade
eine Band aufnahm - eine tolle Nummer.
Und ich setz’ mich hin, quatsch ein biss-
chen mit dem Ingenieur und bin nach fünf
Minuten komplett erholt“, schwärmt er.
„Zwar gab es in der Vergangenheit leider
auch Sauforgien und Schlägereien“, erin-
nert er sich jetzt wieder, „aber generell
lieben Musiker es, hier zu sein: Mick Jag-
ger, Tina Turner, Giorgio Moroder und
viele andere. Als Toningenieur lebt man
mit denen zwei, drei Tage intensiv zusam-
men, vielleicht sogar einen Monat, und da
passieren tolle Sachen.“
Andreas Kunz
6/2014 STEREO 53
FOTOS: WISSELOORD STUDIOS